Was heißt linguistische Aufklärung? .
Herausgegeben von
Helmuth Feilke, Clemens Knobloch
und Paul-Ludwig Völzing
(Wissenschaftskommunikation; Band 1)
2007, 176 Seiten, Brosch.
24,80 €
ISBN 978-3-939381-08-2

Besteht »linguistische Aufklärung« darin, sprachwissenschaftliches Wissen möglichst breit verfügbar zu machen für eine bessere sprachliche (und vor allem: schriftliche) Praxis – oder geht es primär um Aufklärung der Sprachstrukturen durch möglichst elaborierte, theoretisch- komplexe Modelle für einen fachinternen Expertenkreis? Hat die Linguistik eine »Bringschuld« gegenüber den Sprachbenutzern und gegenüber der Öffentlichkeit, oder sollte die linguistische Aufklärung auf deren Kapazität und Bedürfnisse keine Rücksicht nehmen? Schließlich erwartet auch niemand Verständlichkeit von den Theorien der Naturwissenschaften – dort wachsen vielmehr Respekt und Bewunderung, je komplexer und schwieriger sich ihre Wahrheiten darstellen. Wenn aber die Sprachwissenschaft schwierig wird, dann zeigt das Publikum Unmut, denn sprechen kann schließlich jeder, und jeder mag sich daher gern als Sprachexperte begreifen. Muss also linguistische Aufklärung die Sprachbegriffe der Laien ernst nehmen? Vielleicht sind ja gerade deren naive Sprachtheorien ein Hindernis auf dem Weg zur linguistischen Erkenntnis. Soll die Linguistik in jene Versuche der Sprachnormierung eingreifen, die von Zeit zu Zeit erregte öffentliche Debatten erzeugen, oder sollte sie sich tunlichst von allen Normfragen fernhalten und auf reine Deskription beschränken? Im pragmatischen Dickicht der Normierungen ist die wissenschaftliche Unschuld jedenfalls nicht zu retten, sie ist darin von Anfang an verloren. Und dennoch, gesellschaftliche Ansprüche an die Linguistik sind nicht nur legitim, sie gehören auch zu den notwendigen Herausforderungen der Disziplin. Diese widersprüchliche Beziehung ist Auslöser und Gegenstand der Beiträge des vorliegenden Sammelbands.