Frank Reiser  
Andere Räume, entschwindende Subjekte  
Das Gefängnis und seine Literarisierung im französischen Roman des ausgehenden 20. Jahrhunderts  
2007, 190 Seiten, Brosch.
€ 29,80
ISBN 978-3-939381-02-0
 

Seit den Anfängen moderner Strafpraxis durch Freiheitsentzug ist das Gefängnis ein Paradoxon, bedeutet es doch den Versuch, das Recht wiederherzustellen, indem Internierten fundamentale Rechte entzogen werden, und zu resozialisieren, indem man ›asoziale‹ Individuen auf engem Raum zusammenschließt. In kulturwissenschaftlicher Perspektive erweist sich das Gefängnis als Ort der Sühne und Vergeltung, der sozialen Verteidigung, der Rollenzuweisung sowie der sozialen Differenzierung. Ihm sind Praktiken eigen, die große Bedeutung für individuelle wie kollektive Sinnstiftungen besitzen. Es richtet sich so keineswegs nur ›nach innen‹, sondern steht in einem kulturellen Wechselspiel, zu dem auch künstlerische Repräsentationen im Allgemeinen und Literatur im Besonderen zählen. Speziell der französische Roman der neunziger Jahre hat eine überraschend intensive Auseinandersetzung mit dem Gefängnis gepflegt. Die vorliegende Studie untersucht eine Auswahl dieser bislang wissenschaftlich kaum beachteten Texte. Dabei ist weniger die traditionelle Frage nach innerliterarischer Entwicklung entscheidend als die nach der strukturellen Ausgestaltung der Problemlagen, die sich mit den Praktiken und Zielen der Gefängnis-Institution verbinden. Die thematische Bandbreite reicht von Fragen bedrohter oder (re)konstruierter Identität über Raumdarstellung und Grenzüberschreitungen bis hin zur literarhistorischen Verortung von Gefängnisszenarien im Kontext von Moderne und Postmoderne.

Frank Reiser lehrt am Romanischen Seminar der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

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