Noch immer dominieren
in der Wissenschaftsgeschichtsforschung zwei voneinander weitgehend unabhängige
Richtungen. Während sich die eine, meist bezogen auf einzelne Disziplinen,
mit Fragen der Theorie- und Methodenentwicklung beschäftigt, untersucht
die andere, oftmals unabhängig von Einzelfachentwicklungen, vorrangig
den sozialen Kontext, in dem Wissenschaft sich vollzieht. Beide Ansätze,
sowohl der einer internen als auch der einer externen Rekonstruktion, verfahren
auf ihre Weise einseitig mit der Folge, daß ihnen von vornherein bestimmte
übergreifende Deutungsperspektiven verschlossen bleiben. Die vorliegende
Studie zur Geschichte der Germanistik an der Universität Münster
bemüht sich angesichts dieser Forschungssituation um eine integrative
Sicht der Fachgeschichte. Unter Zugrundelegung eines organisationsanalytischen
Ansatzes, der strukturelle, inhaltliche und personelle Aspekte gleichermaßen
berücksichtigt, zeichnet sie in epochalen Längsschnitten ein Gesamtbild
der Fachgeschichte seit der Autonomisierung der Disziplin um 1800. Dabei
konzentriert sie sich vor allem auf die Frage, ob und wie einschneidende
Veränderungen in der ›Umwelt‹ der Germanistik disziplinintern
rezipiert wurden und welche Strukturänderungen dies jeweils nach sich
gezogen hat. |