Die Vielsprachigkeit
der Literatur stellt den Literatur- wie denSprachwissenschaftler vor gleichermaßen
interessante Fragestellungen. Daß die Literatur einer Region, eines
Landes, eines Staatsgebietes ausschließlich in einer einzigen Sprache
verfaßt wird, dürfte eher die Ausnahme als der Regelfall sein,
wenn es nicht überhaupt eine Fiktion darstellt, von monolingualen Nationalliteraturen
zu reden. Doch nicht nur Regionen und Territorien sind mehrsprachig, sondern
auch viele Autoren selbst; manche von ihnen wechseln schreibend zwischen
den Sprachen, andere mischen heterogene sprachliche Elemente. Solche Mehrsprachigkeit
wird unterschiedlich erfahren: Die innere Zerrissenheit eines Autors, der
sich heimatlos fühlt, läßt sich durch Sprachwechsel und
Sprachmischung ebenso zum Ausdruck bringen wie selbstbewußtes Weltbürgertum.
In der Geschichte der multilingualen Literatur, aber auch in der ihrer wissenschaftlichen
Kritik spiegelt sich die Geschichte sprachästhetischer und sprachtheoretischer
Konzeptionen. Die Beiträge des Bandes behandeln sowohl vielsprachige
Regionen als auch Prozesse des Transfers zwischen differenten Sprachräumen,
ferner gemischtsprachige Dichtung vom Mittelalter bis zur Gegenwart, literarische
Phänomene des Sprachwechsels, Fälle literarischer Zweisprachigkeit,
hybridkulturellen Schreibens sowie poetischer Identitätssuche zwischen
den Sprachen. Ausführliche Bibliographien und ein systematisch-enzyklopädischer
Artikel zum Stichwort »Multilinguale Literatur« erhöhen
zusätzlich den Gebrauchswert des Bandes. |