Religiöse wie
säkulare Rituale zeichnen sich durch engmaschige Verschränkungen
zwischen sprachlichen Äußerungen und körperlichem Ausdruckshandeln
aus. Texte sind in diesem Zusammenhang nicht selten wie die Skizzen und
Skripte eines Regisseurs zu lesen, der in performativer Einstellung choreographische
und bildstarke Szenen entwirft. Materielle Formgebungen und sprachliche
Formelhaftigkeit suchen rituell präsentierte Machtansprüche zu
garantieren, ohne jedoch Alternativen strikt ausschließen zu können.
Selbst das Schreiben auf formatierter Pagina und die Lektüre gedruckter
Bücher machen Gebrauch von eigensinnig ritualisierten Ordnungsstiftungen.
Vorworte und Vorreden bereiten wie mehrdeutige Schwellenrituale die Lesenden
auf mögliche Übergänge zwischen Text und Kontexten vor, während
schriftliche Texte, werden sie vorgetragen, im Vollzug der an Ritualtraditionen
orientierten Performance alte Semantiken vergegenwärtigen und neue
Bedeutungsdimensionen entfalten.
Die Beiträge dieses Bandes stellen sich der Vielfalt ritueller Textverkörperungen.
Auf die form- und texttheoretischen Betrachtungen des ersten Teils folgen
Untersuchungen über die Nähe zwischen Ritual und Duell als Formen
sozialer Anerkennung in erzählenden Texten und über die avantgardistische
Transgression der Schriftgrenzen im öffentlichen Ritual der Publikumsprovokation.
Die Analysen des dritten Teils greifen weit zurück; sie gelten den
fragmentarischen Überlieferungen altägyptischer Ritualtexte und
den in diese eingelassenen performativen Anweisungen: Texte erzeugen rituelle
Praktiken, Rituale verkörpern sich in Texten. |