Wie Niklas Luhmann,
Jürgen Habermas und Pierre Bourdieu hat Michel Foucault unterschiedlichen
Wissenschaftsdisziplinen entscheidende Anregungen zu ihrer Weiterentwicklung
gegeben. Und wie vor ihm nur Jean-Paul Sartre verkörperte er den Typus
des kritischen Intellektuellen im 20. Jahrhundert. Am 25. Juni 2004 jährte
sich Foucaults Todestag zum zwanzigsten Mal – im Jahre 2006 wäre
er achtzig Jahre alt geworden. Was hätte Foucault zu den Wissenstransformationen
der beiden letzten Dekaden gesagt? Sein Leitbegriff der »Abwesenheit
des Werkes« lässt diese Frage auf den ersten Blick überflüssig
erscheinen. Weder das Werk noch der Autor standen im Mittelpunkt von Foucaults
Interesse, sondern die äußerlichen diskursiven Ereignisse, die
Werk und Autor in ihrer geschichtlichen Bestimmtheit erst ermöglicht
haben. Mit der Frage nach der Abwesenheit des Werkes nach Foucault
zielt der Sammelband darauf, die Spannung, die Foucaults Ansatz zu eigen
ist, produktiv werden zu lassen. Nicht nur benennt das Stichwort das Problem,
auf welche Weise sein Ansatz zwanzig Jahre nach seinem Tod verstanden werden
kann. Ebenso stellt sich die Frage, inwiefern seine Theorie nachhaltig auf
gegenwärtige Theorie- und Wissenschaftsentwicklungen Einfluss genommen
hat. Dieses Verhältnis von Zeitlichkeit und Nachhaltigkeit auszuloten,
zählt zu den zentralen Anliegen des Bandes. Er versammelt Beiträge
zur Geschichte der Humanwissenschaften aus der Sicht unterschiedlicher Disziplinen
wie der Philosophie und der Geschichtswissenschaft, der Philologien und
der Soziologie, der Pädagogik und der Religionswissenschaft. Seine
Aufmerksamkeit gilt insbesondere der Frage nach dem Erkenntniswert der Arbeiten
Foucaults für interdisziplinäre Problemstellungen, wie sie für
die geisteswissenschaftliche Forschung aktuell prägend sind. |