»Kunst kommt von Können oder von Kennen her«
Künste und Ästhetik bei Johann Gottfried Herder
 
Beiträge zur Konferenz der Internationalen Herder-Gesellschaft Kassel 2016  
Herausgegeben von Stefan Greif  

2024, 256 Seiten, Broschur
€ 38,00 [D]
ISBN 978-3-947960-13-2

 
Ausgehend von den kulturtheoretischen Überlegungen, die bei ihm sowohl das Verhältnis von Mensch und Natur als auch das von Freiheit und Kunst grundieren, rückt der vorliegende Band Herders These in den Fokus, dass ästhetische Praxis nur im Verbund mit ausgewiesenem Kennertum überzeugt. Nur im Zusammenspiel beider Qualitäten kann sich Herder zufolge nämlich jener ›Freisinn‹ entfalten, der Kunst und menschliche Natur von allen Geschmacksdoktrinen entbindet und es Rezipierenden zugleich erlaubt, das einzelne Kunstwerk im Moment der Aneignung zu vollenden. Inwiefern diese entscheidende Korrektur der Genieästhetik Herders theoriegestützte Beschäftigung mit einzelnen Künsten fundiert, steht dabei ebenso im Mittelpunkt der hier versammelten Beiträge wie sein sinnesphysiologisches und performanzästhetisches Interesse an jener Vielzahl von Künsten, die in der Forschung nicht immer die ihr gebührende Beachtung gefunden hat. Wie weit sich dieser sich von Können bis Kennen erstreckende Horizont damit aufspannt, wird beispielsweise an einer Opernästhetik aufgezeigt, die als Bühnenkunst nach Herder möglichst viele menschliche Sinne ansprechen soll, oder an einer Pantomime, die als ›Urkunst‹ noch in der vermeintlich aufgeklärten Gesellschaft für kreatives ›Chaos‹ sorgt. Dass Herder solche Sondierungen der Einzelkünste auch kulturpraktisch weiterdenkt, zeigen Beiträge zum Verhältnis von Architektur und moderner Philologie sowie zur ganzheitlichen Betrachtung von Ohr und Stimme. Mit den ästhetischen und ethischen Konsequenzen solcher vielleicht nur auf den ersten Blick widersprüchlichen Ausdeutungen beschäftigen sich Aufsätze, in denen Herders Mensch als Analogon des Schöpfergottes respektive Kunstwerk der Natur vorgestellt wird, der sich vom ›System der Regeln und Zwecke‹ zu emanzipieren weiß, um seine Selbstvervollkommnung freiheitlich zu organisieren.
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