Hörendes Lesen und Sehen von Märchen  
Synergien von Mündlichkeit und Schriftlichkeit  
Herausgegeben von Diana Kühndel und Ursula Offermann  

2017, 372 Seiten
54 Abbildungen, davon 33 in Farbe, Broschur
€ 39,80 [D]
ISBN 978-3-939381-87-7

 
Der vorliegende Band vereint Forschungen über Märchen, die nicht den traditionellen Märchendisziplinen entstammen. Märchen werden erzählt, verschriftlicht und aus dieser Verschrift(lich)ung in eine neue Vermündlichung transformiert. Wenn sie stumm oder laut lesend rezipiert oder Märchenbilder betrachtet werden, mag in der Erinnerung die Person lebendig werden, die in der eigenen Kindheit Märchen erzählt bzw. vorgelesen hat – vielleicht ›hört‹ man sogar deren erzählende Stimme. Die Imagination eines solchen Hör-Raumes parallel zur Rezeption des Märchentextes in Buchstaben oder Bild bildet die lenkende Grundlage der jeweiligen Analysen. Sie zeigen, dass diese Transformationen nicht bloße Übertragungen in ein neues Medium sind, sondern Vernetzungen von Mündlichkeit und Schriftlichkeit eingegangen sind, die Synergien im Sinne eines schöpferischen Umgangs mit den Texten selbst entfalten. Analysiert werden neben Grimm’schen Märchen auch Die Schöne und das Biest und Der kleine Hahn. Am Beispiel von Märchensammlungen (Ferdinand Grimm und Laura Gonzenbach) entsteht die Frage nach Authentizität und Autorität von Text und der jeweiligen sammelnden Person, eine Frage, die auch aktuelle Brisanz besitzt, wie drei Beispielanalysen kanonischer religiöser wie kultureller Texte zeigen. Eine Besonderheit dieses Bandes ist der Abdruck zweier Transkripte professioneller Geschichtenerzählerinnen, die Storms »Märchentext« Die Regentrude in den mündlichen Vortrag transformiert haben, u. a. im alemannischen Heimatdialekt. Solche Transformationen könnten im Rahmen (inter)disziplinär-philologischer Forschungen dazu anregen, die Annahme eines ›mündlichen‹ Urtextes im textkritischen Stammbaum zu überdenken.
.